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Nach der Planung folgt das, was die meisten glauben, was Autorinnen den ganzen Tag tun: das eigentliche Schreiben. Da ich das Grundgerüst für meine Geschichten schon vorher festlege und weiß, was ich schreiben möchte, geht das relativ schnell. Die allererste Fassung entsteht oft innerhalb von ein bis zwei Monaten. Sie ist kurz, um die 50’000 Wörter oder weniger. Und sie ist schlecht. Wirklich schlecht. Genau genommen sind meine Rohfassungen nur erweiterte Grundgerüste, skizzierte Szenenentwürfe, denen das Leben – und meistens auch die Emotionen – fehlt. Jemandem zum Lesen geben kann ich das nicht.

Ruhen lassen

Meistens lasse ich die Rohfassung erstmal eine Weile liegen, um etwas Abstand zu gewinnen. Das ist für mich enorm wertvoll. Denn danach liest sich die Geschichte, als hätte sie jemand anderes geschrieben und ich kann besser einschätzen, wie sie auf Dritte wirkt. Die Ruhepause kann auch problematisch sein. Besonders, wenn ich kürzlich ein anderes Buch veröffentlicht habe. Denn dann springe ich von einem Text, an dem ich monatelang gefeilt habe, zu einem fast lieblos heruntergeschriebenen Etwas. Bei meinem Projekt »Wanderung« war das so deprimierend, dass ich das Projekt mehrmals in die Mülltonne pfeffern wollte. Spoiler: Ich habe es nicht getan.

Nach dem Schreiben und Ruhen folgt die lange und manchmal sehr zermürbende Phase des Überarbeitens. Wieder und wieder. Ich habe nie aufgeschrieben, wie viele Runden ich drehe. Um die zwanzig sind es bestimmt. Wahrscheinlich sogar mehr. Diese Phase zieht sich bei mir über Monate und wird gegen Ende immer schleppender, sodass ich mich manchmal zwingen muss, mich ans Manuskript zu setzen. Ich halte nur durch, weil ich weiß, dass es sich lohnt und die Geschichte danach sehr viel runder sein wird.

Nur eins aufs Mal?

Viele Schreibratgeber empfehlen, sich pro Überarbeitungsdurchgang auf ein einziges Element zu konzentrieren. Ich mache es nicht so. Für mich muss das Leseerlebnis stimmen, weswegen erstmal nur eine Frage im Zentrum steht: Wie liest sich die Geschichte?

Erst, wenn alles schlüssig ist, fange ich an, an einzelnen Szenen zu feilen. Dabei gehe ich jede Szene durch und widme mich den Punkten im Detail:

1. Plot

2. Charaktere 

3. Anfang und Ende jeder Szene

4. Spannung / Konflikte / offene Fragen

5. Emotionen

6. Gefühl – Reflex – Verstand

7. Dialoge

8. Show don’t tell

9. Bilder / Metaphern / alle sechs Sinne benutzen

10. Sprachliche Überarbeitung

Ich muss tatsächlich diese Liste vor mir haben, damit ich nicht in meinen Leseerlebnis-Modus zurückfalle. Szene für Szene. Sieht nach viel Arbeit aus? Ist es auch. Ich behaupte sogar, dass ich gar nicht schreiben kann. Nur das Überarbeiten beherrsche ich hervorragend.

Dieser Post ist Teil der Serie »Ein Blick hinter den Buchdeckel«, in dem du einen Einblick in das Leben einer Autorin erhältst.

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