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Alles fing mit dem Wunsch an, eines Tages ein Buch von mir in der Stauffacher Buchhandlung in der Berner Neuengasse zu sehen. Am liebsten direkt neben dem Eingang. Im Bestsellerregal. Unter der Zahl eins. Seit ich mir diese fixe Idee in den Kopf gepflanzt habe, sind nochmals genauso viele Jahre vergangen. Ich bin gereift und der Traum vom Bestseller ist in den Hintergrund gerückt. Aber von vorne.

»Noch grandioser als einen Bestseller zu schreiben, wäre, einen Bestseller im Alter von sechzehn Jahren zu schreiben.«

Als Sechzehnjährige erschien mir alles möglich, wenn ich nur hart genug arbeitete. Ich verbrachte meine Freizeit damit, zu Panflötenklängen meinen allerersten Roman niederzuschreiben. Handschriftlich in ein Notizbuch, das ich mir extra dafür gekauft hatte. Mit Bleistift kritzelte ich über hundert Seiten voll und tippte sie in den darauffolgenden Sommerferien ab. Eine Freundin hats gelesen und fand es toll. Ich sah mich schon als nächste Federica de Cesco, denn noch grandioser als einen Bestseller zu schreiben, wäre, einen Bestseller im Alter von sechzehn Jahren zu schreiben. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, woran es gehapert hat. Jedenfalls habe ich besagten Roman nie an einen Verlag geschickt, geschweige denn ihn überarbeitet. Stattdessen schrieb ich einen weiteren Roman, nicht mehr auf Papier, sondern am Computer, begann einen dritten, den ich nie beendete. Dann verlor ich die Lust am Schreiben.

Ohne Arbeit kein Buch

Elf Jahre später war ich hochschwanger und zum Nichtstun verdammt. Da erinnerte ich mich. Wollte ich nicht mal ein Buch schreiben? Vielleicht sollte ich das jetzt in Angriff nehmen, denn wenn das Kind mal da wäre, hätte ich keine Zeit mehr dafür. Gesagt, getan. Zwei Tage vor dem errechneten Geburtstermin war ich fertig. Und dann ließ sich der Computer nicht mehr einschalten, die Festplatte war tot. Natürlich hatte ich in weiser Voraussicht eine Sicherheitskopie auf meiner Cloud abgelegt, doch daran erinnerte ich mich erst, nachdem vor lauter Aufregung die Wehen eingesetzt haben.

»Vor lauter Aufregung über das verloren geglaubte Manuskript setzten die Wehen ein.«

Wieder hatte ich Unrecht. Auch nach der Geburt meiner Tochter blieb ich dran. Dieses Mal schaffte ich es einen Schritt weiter. Ich beendete den Roman und überarbeitete ihn sogar. Auf dem Handy während dem Stillen. Aber nur bis in die Mitte. Gegen Ende verlor ich jedes Mal die Motivation. Genau gleich erging es mir mit dem nächsten Buch. Und dem übernächsten. Ich machte nie etwas wirklich fertig. Wie ging das nochmal mit dem hart arbeiten? Da kristallisierte sich ein anderer Traum raus. Mal etwas richtig fertig schreiben, von Anfang bis Ende, sodass andere es lesen können. Ich ahnte nicht, wie viele Überarbeitungsrunden mich erwarten würden, wie viel Bestätigung von meinen Testlesern und wie viel Zuspruch von meinen Autorenkolleginnen ich brauchen würde. Ich ahnte nicht, dass die Summe der gelöschten Szenen schlussendlich mehr Worte umfassen würde, als der Roman selbst.

Debütroman im Herbst

Nun ist es soweit. Diesen Herbst erscheint mein erster Roman. Wieder habe ich es nicht geschafft, ihn an einen Verlag zu schicken, dieses Mal bewusst (dazu in diesem Blogbeitrag mehr). Ich bin unendlich stolz und freue mich jetzt schon, wenn der Postbote mir das Paket mit meinen Autorenexemplaren bringt. Wenn ich den Karton öffne und ich durch die Seiten meines Romans blättern kann. Ein Roman, von mir geschrieben und mit der Hilfe von vielen lieben Menschen zu dem gemacht, was er ist.

Träume verändern sich und passen sich auch ein Stück weit der Realität an. Vielleicht spaziere ich eines Tages in die Stauffacher Buchhandlung, entferne den aktuellen Bestseller und stelle meinen Roman an seine Stelle. Sei es nur für ein Foto. Ein Bestseller mit 34 – klingt immer noch gut, oder?

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